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Wie Satzgliedanalyse mit dem Duden-Satzstern motivierend gelingt ... Fragen bietet der Duden-Satzstern, der im Fol- genden anhand ... www.duden-paetec.de  ...
Praxis

Grammatik mit dem SATZSTERN Wie Satzgliedanalyse mit dem Duden-Satzstern motivierend gelingt

Abb. 1 Die Besonderheit des DudenSatzsterns ist der BlankoStrahl. Auf ihn werden noch nicht bestimmbare Satzglieder gelegt. Infos dazu unter www.duden-paetec.de

anna lambers/simone scheuer

Der aufbau des satzsterns

Grammatik, Freude, lernerfolg – wie das zusammenpasst, zeigt die hier vorgestellte arbeit mit dem Duden-satzstern.

Der Satzstern leitet die Schülerinnen und Schüler durch konkrete Arbeit mit sprachlichem Material dazu an, Satzglieder selbstständig herauszudifferenzieren und zu bestimmen. Er ist folgendermaßen aufgebaut: In der Mitte befindet sich ein roter Kreis, der den Satzkern (Prädikat) symbolisiert. Die besondere Bedeutung des Prädikats wird den Kindern auf den ersten Blick durch seine zentrale Positionierung und seine hervorstechende Farbe rot verdeutlicht. Vom Kreis gehen sternförmig Strahlen ab, auf denen die Fragen zu den anderen Satzgliedern (Subjekt, Akkusativobjekt, Dativobjekt, adverbiale Bestimmungen) und deren Bezeichnungen abgebildet sind. Die Strahlen unterscheiden sich farblich, sodass die Satzglieder visuell leicht unterschieden werden können (Abb. 1).

Grammatikunterricht – lieber nicht! So oder so ähnlich lauten die Reaktionen auf diesen Teilbereich des Deutschunterrichts immer noch. Daran konnte die Umbenennung in „Sprache untersuchen“ kaum etwas ändern. Ein neuer Begriff macht eben noch keinen anderen Unterricht. Wie kann es gelingen, die Schülerinnen und Schüler neugierig zu machen und für das „Werkzeug“ Sprache zu sensibilisieren? Gibt es einen methodischen Ansatz, der sowohl eine entdeckende und handlungsorientierte Herangehensweise an das komplexe Thema Satzglieder ermöglicht, als auch begriffliches und strategisches Wissen vermittelt? Eine Antwort auf diese Fragen bietet der Duden-Satzstern, der im Folgenden anhand praktischer Unterrichtsbeispiele und Materialien vorgestellt wird.

Praktische arbeit mit dem satzstern Um den Kindern das komplexe Thema gut strukturiert anzubieten und somit möglichst viele Stolperfallen auszuschließen, ist es sinnvoll, mit ausgewählten Sätzen zu arbeiten. Es hat sich bewährt, sehr ritualisiert vorzugehen, sowohl beim praktischen Tun als auch auf sprachlicher Ebene. Dies erscheint auf den ersten Blick monoton und sehr formal, aber festgelegte Schritte bieten insbesondere leistungsschwächeren Kindern wertvolle Hilfestellung und ermöglichen ihnen Lernerfolge. Die folgenden Schritte zur Einführung des Satzsterns und der einzelnen Satzglieder sind für einen Zeitraum von ca. fünf Wochen geplant. Zwischen jeder Sequenz sollte eine angemessene Übungs- und Festigungsphase erfolgen.

satzgliedanalyse Materialien 3 Satzstreifen 3 großer Satzstern zur Demonstration im Kreis 3 Blanko-Satzstern für die Kinder (M1, siehe S. 35) 3 Bleistift, Schere, Buntstifte (rot, gelb, grün, blau, orange), Lineal

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Foto: Lambers/Scheuer

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anbahnung – die Umstellprobe Um eine strukturierte Satzgliedanalyse durchführen zu können, ist es wichtig, dass die Kinder die Satzglieder eines Satzes voneinander abgrenzen können. In der Praxis hat sich die Umstellprobe bewährt, um die Schülerinnen und Schüler gezielt für das Erkennen von Satzgliedern zu sensibilisieren. Die Unterrichtssequenz läuft folgendermaßen ab: Passend zum Unterrichtsthema wählt die Lehrkraft einen Satz mit möglichst vielen Satzgliedern aus und schreibt ihn an die Tafel. im Herbst sammeln viele tiere Nahrung für den Winter.

im Herbst | sammeln | viele tiere | Nahrung | für den Winter. Die Lehrerin hält fest, dass die Wörter, die beim Umstellen zusammenbleiben, Satzglied genannt werden. Die Umstellprobe wird anschließend an weiteren Sätzen mündlich vorgenommen. Dazu stellen sich die Kinder gegenseitig Fragen, z. B. „Wer kann den Satz noch einmal umstellen?“. Es ist wichtig, dieses Satzmuster bereits in der ersten Stunde anzubieten, um es in den Folgestunden aufzugreifen und weiterzuführen.

tim schenkt seiner schwester eine Kastanie. Die erste Frage dazu lautet: „Wer möchte die Umstellprobe durchführen?“ Die Schülerinnen und Schüler stellen den Satz um, trennen die Satzglieder mit Bleistift ab und zerschneiden den Satz in die Satzglieder. Anschließend gibt die Lehrerin farbige Stifte in den Kreis und fordert die Kinder auf, die vorkommenden Satzglieder zu unterstreichen und ihrem Platz auf dem Stern zuzuordnen. Zunächst können die Kinder lediglich das Prädikat an die richtige Stelle im Satzstern legen. Die anderen Satzglieder werden den noch nicht bezeichneten, freien Strahlen zugeordnet. Nach

Abb. 2 Die Schülerinnen und Schüler arbeiten selbstständig im Sitzkreis, während die Lehrerin beobachtet.

Abb. 3 Sinnvoll ist es, die einzelnen Satzglieder bereits im Sitzkreis in der zugehörigen Farbe zu unterstreichen. Foto: Lambers/Scheuer

Die Frage dazu lautet: „Wer kann den Satz so oft wie möglich umstellen, ohne dabei die Anzahl der Wörter zu verändern? Schreibt die gefundenen Möglichkeiten auf.“ Durch diesen kleinen Wettbewerb motiviert, finden die Kinder möglichst viele Umstellmöglichkeiten des Satzes, die an der Tafel gesammelt werden. Daran schließt sich die nächste Aufgabe an: „Trenne nun die Wörter mit Bleistift ab, die immer zusammen bleiben.“

einführung Die einzelnen Satzglieder werden in folgender Reihenfolge eingeführt: 1. Satzkern (Prädikat) 2. Subjekt 3. Akkusativobjekt 4. Dativobjekt 5. adverbiale Bestimmungen 6. übrige Satzglieder Die Einführung der Satzglieder erfolgt immer im Sitzkreis, damit alle Kinder einen guten Blick auf den großen Satzstern in der Mitte haben. Während des Kreisgesprächs nimmt die Lehrerin die Funktion der Beobachterin ein und hält sich im Hintergrund. Sie legt einen Satzstreifen in die Mitte und hält Bleistift und Schere bereit (Abb. 2). 1❚2013 Deutsch | www.grundschulunterricht.de

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Die Übungsphase läuft folgendermaßen ab: Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in Partnerarbeit mit ihrem kleinen Satzstern und vorgefertigten Satzstreifen (Abb. 4; M2, siehe S. 36). Diese Sozialform bietet sich an, da die Kinder so die Möglichkeit haben, sich über sprachliche Phänomene auszutauschen und sich auf eine Metaebene des Sprechens über die Sprache zu begeben. Um allen Kindern einer Lerngruppe gerecht zu werden, ist es unbedingt notwendig, das Material in der Übungsphase stark zu differenzieren:

3 Die Kinder erhalten Sätze, die sich in der Anzahl der Satzglieder unterscheiden.

3 Für leistungsschwächere Kinder können beAbb. 4 Die Kinder verfahren mit den Sätzen so, wie bereits im Sitzkreis demonstriert.

reits auf den Satzstreifen die Objekte farblich kenntlich gemacht werden, da gerade die Wen?/ Wem?-Unterscheidung Schwierigkeiten bereitet. und nach lernen sie mehr Satzglieder kennen, bis schließlich alle Wortkarten zu dem richtigen Strahl des Satzsterns zugeordnet werden können (Abb. 3). Bewährt hat sich dabei, den Kindern folgende Satzmuster an die Hand zu geben, mit deren Hilfe sie sich gegenseitig aufrufen. schüler 1: „Wer möchte die Umstellprobe durchführen?“ schüler 2 führt die Umstellprobe durch und fragt: „Wer möchte den Satzkern bestimmen?“ schüler 3 bestimmt den Satzkern und fragt: „Wer möchte das Subjekt bestimmen?“ schüler 4 … Diese immer gleiche Vorgehensweise gibt gerade leistungsschwächeren Kindern viel Sicherheit und ermöglicht es ihnen, sich aktiv in die Spracharbeit einzubringen. Übung Nach der Einführung jedes Satzgliedes ist eine Übungssequenz zur Festigung unabdingbar. Jedes Kind erhält zu Beginn der Arbeit einen Blanko-Satzstern (M1, siehe S. 35), mit dem es eigenständig und selbst handelnd die Satzgliedanalyse praktizieren kann. Die Vorlage sollte auf festes Papier kopiert und ausgeschnitten werden, um ihre Haltbarkeit zu erhöhen. Die Kinder malen nur die Teile in der entsprechenden Farbe an, die bereits im Unterricht erarbeitet wurden. Auch die zugehörigen Begriffe schreiben sie auf die Strahlen des Sterns, damit sich diese nach und nach einprägen.

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3 Leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler können zum einen nur das eingeführte Satzglied als Wortkarte erhalten, anhand dessen sie eigene Sätze auf Satzstreifen notieren und anschließend wie im Sitzkreis verfahren (vgl. Einführung Dativobjekt). Zum anderen können sie eigene Sätze untersuchen. In jedem Fall ist es von großer Wichtigkeit, dass die Kinder die analysierten Sätze in ihrem Heft aufkleben oder notieren, um einen nachhaltigen Lernerfolg zu sichern (Abb. 5).

Unterrichtsbeispiel – einführung des Dativobjekts (4. schuljahr) Die Kinder sitzen im Kreis, und die Lehrerin legt diesen Satzstreifen in die Mitte: der Mutter Während die Kinder sich gegenseitig aufrufen, hält die Lehrerin sich im Hintergrund. schüler 1: „Der Mutter geht nicht. Es muss die Mutter heißen“. schüler 2: „Vor dem Nomen steht der falsche Artikel.“ schüler 3: „Doch, ich glaube das geht. Zum Beispiel in dem Satz: Das Mädchen gibt der Mutter seinen Drachen.“ Die lehrerin legt einen langen Satzstreifen und einen Stift in die Mitte des Kreises, ein Kind notiert den Satz. www.grundschulunterricht.de | Deutsch 1❚2013

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Die Kinder bestimmen so selbst den Inhalt des Satzes, wobei ihre Lebens- und Erfahrungswelt in den Unterricht einfließt. Die Sprache, die von den Kindern in den Unterricht eingebracht wird, wird Gegenstand grammatikalischer Untersuchungen. Diese Vorgehensweise bezieht die Schülerinnen und Schüler auf höchster Ebene in das Geschehen ein und motiviert sie zu „echter“ Spracharbeit. Anschließend fordert die Lehrerin zur Satzgliedanalyse auf, indem sie den großen Satzstern in die Kreismitte legt. schüler 4: „Um die Anzahl der Satzglieder herauszufinden, müssen wir die Umstellprobe machen: 3 Der Mutter gibt das Mädchen seinen Drachen. 3 Seinen Drachen gibt das Mädchen der Mutter. 3 Gibt das Mädchen der Mutter seinen Drachen? Der Satz besteht aus vier Satzgliedern: Das Mädchen – gibt – der Mutter – seinen Drachen.“ Der Schüler trennt die einzelnen Satzglieder ab, indem er den Satzstreifen zerschneidet. „Wer möchte den Satzkern bestimmen?“ schüler 5: „Der Satzkern ist immer ein Verb. Es ist das Wort gibt.“ Er nimmt die Wortkarte gibt und legt sie auf den roten Punkt in der Mitte des Satzsterns. „Wer möchte das Subjekt bestimmen?“

schüler 7: „Das Akkusativobjekt finden wir mit der Frage Wen?. „Wen gibt das Mädchen seiner Mutter? – „den Drachen“. Der Schüler nimmt die Wortkarte den Drachen und legt sie auf den grünen Strahl des Satzsterns. schüler 8: „Ein Satzglied bleibt übrig, das gehört sicher auf einen der übrigen Strahlen.“ lehrerin: „Welches Fragewort können wir benutzen, um dieses Satzglied zu erfragen?“ Die Schülerinnen und Schüler verbalisieren das Fragewort Wem? und notieren es auf einem Kärtchen, das sie anschließend auf dem neuen blauen Strahl positionieren. Die Lehrerin ergänzt die Bezeichnung: Dativobjekt. schüler 9: „Das Dativobjekt finden wir mit der Frage Wem?. Wem gibt das Mädchen seinen Drachen? – der Mutter.“ Der Schüler nimmt die Wortkarte der Mutter und legt sie auf den blauen Strahl des Satzsterns. Das beschriebene Vorgehen ermöglicht den Schülerinnen und Schülern aktive und handlungsorientierte Spracharbeit. Sie selbst überlegen sich mögliche Fragestellungen für das neue Satzglied und positionieren die Wortkarte auf Foto: Lambers/Scheuer

schüler 6: „Das Subjekt finden wir mit der Frage Wer?. Wer gibt seiner Mutter den Drachen? – das Mädchen.“ Der Schüler nimmt die Wortkarte

Das Mädchen und legt sie auf den gelben Strahl des Satzsterns. „Wer möchte das Akkusativobjekt bestimmen?“

Abb. 5 Das Bestimmen der Satzglieder im Heft dient der Vorbereitung auf die spätere abstrakte Satzanalyse. Zusätzlich können auch die Fragen zu den Satzgliedern aufgeschrieben werden.

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Foto: Lambers/Scheuer

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Abb. 6 Bei diesem sozial-kommuni­ kativen Memo-Spiel wird der zentrale Stundeninhalt spielerisch wiederholt.

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dem neuen, blauen Strahl. Dadurch, dass die Fragestellung nicht vorgegeben wird, stellen die Kinder Vermutungen an und gelangen durch Versuch und Irrtum zum richtigen Schluss. Der weitere Verlauf der Stunde ist variabel und sollte, je nach Lerngruppe, individuell gestaltet werden. Für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler ist es durchaus praktikabel, einzelne Dativobjekte anzubieten, mit denen sie in Partnerarbeit und ihrem kleinen Satzstern so verfahren, wie zuvor im Sitzkreis. Kinder, die noch Probleme mit dem Entwerfen eigener Satzstrukturen haben, sollten differenziertes Material in Form von vorgegebenen Sätzen erhalten, die sie anhand des Satzsterns analysieren. Zur Festigung ist es sinnvoll, die nach Satzgliedern sortierten Sätze aufzukleben und die Satzglieder in den vorgegebenen Farben unterstreichen zu lassen. Den Abschluss der Unterrichtsstunde bildet folgendes Spiel: Jedes Kind bekommt eine Karte, auf der entweder eine Frage (Wem kauft Laura den Knochen?) oder eine Antwort (dem Hund) notiert ist. Anschließend haben die Kinder die Aufgabe, sich ohne zu sprechen mit ihrer passenden anderen Karte zusammenzufinden und gemeinsam zu positionieren. Jedes Pärchen

trägt dem Plenum schließlich seine Frage mit der Antwort vor (Abb. 6).

Fazit Mit dem Duden-Satzstern gelingt es …

33Neugier und Interesse an grammatikalischen Strukturen zu entwickeln und eine Sensibilität für das Werkzeug Sprache auszubilden.

33das Handeln zu jeder Zeit in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen. Dadurch gelangen die Kinder über das praktische Tun zum theoretischen Wissen über Satzglieder.

33alle Kinder, unabhängig von ihrem Leistungsniveau, differenziert zu fördern und sie in ihren sozial-kommunikativen Fähigkeiten zu stärken. Autorinnen Anna Lambers und Simone Scheuer, Grundschule Bad Hönningen, Bischof-Stradmann-Straße 42, 53557 Bad Hönningen

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Material

M1  Der Duden-Satzstern – Blanko-Satzstern 33in Originalgröße für die Kinder 33zum Vergrößern für die Kreismitte

Beschriftung für den Satzstern

Satzkern Subjekt Wer?

Akkusativobjekt Wen?

Verb im Satz

Dativobjekt Wem?

adverbiale Bestimmung Wann? Wo? Wie?

© © Anna Lambers/Simone Scheuer

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material

M2  Ausschneidesätze für die Arbeit mit dem Satzstern ✂ Im Herbst sammeln viele Tiere Nahrung für den Winter.

Tim schenkt seiner Schwester eine Kastanie.

Die Kinder sammeln bunte Blätter.

Am Himmel sehe ich einen Drachen.

Auf dem Boden liegen viele Nüsse.

Meine Oma backt in der Küche leckeren Apfelkuchen.

Arbeitsschritte 1. Führt die Umstellprobe durch. 2. Trennt die Satzglieder mit dem Bleistift ab. 3. Schneidet die Satzglieder auseinander. 4. Findet das Verb im Satz (Satzkern/Prädikat) und legt es in die Mitte des Satzsterns. 5. Stellt die Wer?-Frage. Legt das Subjekt auf den gelben Strahl. 6. Stellt die Wen?-Frage. Legt das Akkusativobjekt auf den grünen Strahl. 7. Stellt die Wem?-Frage. Legt das Dativobjekt auf den blauen Strahl. 8. Stellt die Wann?-Wo?-Wie?-Frage. Legt die adverbiale Bestimmung auf den orangefarbenen Strahl. 9. Legt übrige Satzglieder auf den freien Strahl.

© Anna Lambers/Simone Scheuer

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