Opel Olympia 1952:

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Clubmagazin Nr. 217 25. REPORT. Opel Olympia 1952: Kleine Geschichte eines 60-jährigen Familienwagens. Oscar und Ida Schlee, meine Groß- eltern ...
REPORT

Opel Olympia 1952: Kleine Geschichte eines 60-jährigen Familienwagens

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scar und Ida Schlee, meine Großeltern, kauften diesen Olympia im Jahr 1952 bei der damaligen Opel-GMVertretung „Garage Moderno“ der Gebrüder Ulrich in Bellinzona, Tessin. Beide, aber nicht nur sie, fuhren diesen schönen Olympia und im Haus wurde deshalb die Benutzung geregelt: Bis 1962 – als mein Vater Alfonso, damals 37 Jahre jung, endlich seinen eigenen Opel, einen Rekord P2, erworben konnte – blieb er das einzige Fahrzeug der Familie. Meine Grosseltern, meine Tanten Margherita und Isabella und mein Vater benutzten nach diesen Regeln das in der Zwischenzeit „Lisetta“ genannte Auto. Das Fahrzeug brachte die Familie ans Meer nach Cesenatico oder nach Alassio in Italien. Mein Vater und meine Mutter Elba benutzten es auch für längere Reisen wie z.B. nach Rom 1953, nach Madrid 1954 oder nach Wien 1956. Von diesen abenteuerlichen Reisen wurden stets 8 mm-Filme gedreht die ich bis heute aufbewahrt habe. Meine Eltern haben mir nie von nennenswerten Pannen berichtet. Zuverlässig war und ist der Wagen heute noch. Ich selber wurde als Neugeborener 1952 vom Spital mit diesem Wagen heim-gebracht. Für mich war (und ist) der Olympia einfach das Familienauto und ich bin besonders stolz darauf, dass es bis heute in der Familie geblieben ist. Na ja, es gab allerdings eine kleine Pause von 24 Stunden, als mein Vater den Wagen für 500 CHF verkaufte. Es war ca. 1965: Der Käufer versuchte vergeblich, den Wagen zu starten und am Tag drauf brachte er ihn zurück und verlangte sein Geld retour. Ich war überglücklich: mein Olympia war wieder daheim! Der Olympia wollte vielleicht den Disney-Käfer Herbie nachahmen und mochte uns nicht verlassen! Die vielen schönen Erinnerungen werden immer wach, wenn ich an die Lisetta denke. Das erste Auto ist wie das erste Mädchen, man vergisst es nicht!

Olympia mit Familienanschluss: 60 Jahre ist dieses wunderbar erhaltene Auto bei der Familie Schlee!

„Der Zuverlässige“ – dieser unverwüstliche Motor hat den Opel-Modellen seiner Zeit ihren legendären Ruf beschert

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Die Instrumente werden von einer Wassertemperaturanzeige aus dem PontonRekord ergänzt, für das Fahren in der gebirgigen Schweiz ein sehr empfehlenswertes Extra

Die 60 im Lorbeerkranz steht dem Jubilar gut!

Seit diesem Zeitpunkt verließ der Wagen nie wieder unser Haus. Erst später bemerkte mein Vater, dass die Startversuche des unglücklichen Käufers den Motor ruiniert hatten. Der Motor wurde umgehend durch ein Occasion-Aggregat gewechselt, das mein Vater beim Schrotthändler gefunden hatte. Allerdings war dieser im Jahr 1950 gebaut worden. 1973 wurde er dennoch total revidiert und wieder eingebaut. Er tut heute noch seinen fleißigen Dienst. Ich habe in der Zwischenzeit zwei Motoren mit Bj. 1952 gefunden: Einer davon wird derzeit revidiert und nach Fertigstellung wird er den (um 2 PS) schwächeren 1950Motor ersetzen.

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Mein Olympia wurde vollumfänglich restauriert. Die ersten Arbeiten fingen 1977 an. Dann blieb der Wagen jahrelang stehen. Ich hatte glücklicherweise schon vor etlichen Jahrzehnten Teile eingesammelt als sie noch leichter und billiger aufzutreiben waren als heute. Die meisten bezog ich bei der Fa. Matz. In der Zwischenzeit hatte ich per Zufall einen Olympia Cabrio-Limousine in einem entfernten Tessiner Tal in einer Scheune gefunden, sofort gekauft und ebenfalls vollumfänglich restauriert. Die notwendigen Teile hatte ich grad doppelt gekauft. Es war ein glücklicher Entscheid meinerseits. Beide Olympia tragen die damals

Mister Olympia – das Geschick der Formgestalter beeindruckt noch heute

modische Farbe Opel 104 „sandgrau“. Alle Restaurierungsarbeiten wurden hier im Tessin ausgeführt. Nach der jahrelangen Pause wurden sie 2012 wieder aufgenommen und endlich fertig gebracht. Das hat seinen Grund: die „Lisetta“ und ich sind beide im Jahr 2012 60 geworden! Das Stoff für die Innenausstattung wurde nach dem von Diethelm Jacoby zur Verfügung gestellten Muster nachgewebt. Die letzten Arbeiten wurden jedoch im Kanton Uri in Flüelen von Mario und Willy Ulrich ausgeführt, die im Besitz eines gleichen und von ihnen komplett restaurierten Olympia und deshalb reich an Erfahrung sind. Übrigens: Auch dieser Wagen kam von der Garage Moderno in Bellinzona, genau wie mein Olympia Cabrio der gerade nur zwei Monate jünger ist als die „Lisetta“. Wie nach den Bildern ersichtlich ist, trägt der Wagen noch das OriginalKennzeichen TI 11591 von 1952! Diese Nummer ist immer in der Familie geblieben und schmückt den schönen Olympia noch wie damals. Als ob die Zeit stehen geblieben wäre! Hatte fast vergessen zu erwähnen, dass der erste Wagen meines Vaters, der Rekord P2 von 1962 ebenfalls in der Familie geblieben ist. Dessen Vollrestaurierung ist fast fertig. Das ist aber eine andere Geschichte die ich später erzählen werde. Riccardo Schlee *103