Pegel ist nicht gleich Pegel - TrockenBau Akustik

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Pegel ist nicht gleich Pegel. Der Pegel-Begriff stammt ursprünglich aus dem Bereich der Wasserstandsmes- sungen. Später wurde er auch in der Nach-.
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Akustik kompakt (46)

Abbildung 1: Ausführungsbeispiele

Bauphysik | In vielen Bereichen der Technik wird mit dem Begriff „Pegel“ operiert. ­Damit wird in der Regel das Verhältnis zweier Größen (Werte) zueinander in Abhängigkeit zu einer definierten Bezugsgröße beschrieben. Dass diese Bezugsgrößen trotz gleicher ­physikalischer Größe durchaus unterschiedlich sein können und dass Dezibel nicht ­unbedingt gleich Dezibel ist, erklärt unser Akustik-Experte Dr. Ivar Veit in dem vorliegenden Beitrag.

D

er Pegel-Begriff stammt ursprünglich aus dem Bereich der Wasserstandsmessungen. Später wurde er auch in der Nachrichtentechnik, der Akustik und Tontechnik übernommen, wo man mit ihm das logarithmische Verhältnis zweier Leistungsgrößen oder auch zweier Feldgrößen (z. B. Schalldruck, Schallschnelle) beschreibt, und zwar mit einem festen Bezugswert im Nenner. Anfänglich verwendete man dabei noch den natürlichen Logarithmus. Als Hilfs-Maßeinheit galt ­damals das Neper (Np). Heute arbeitet man durchweg nur noch mit dem Briggs’schen Logarithmus zur Basis 10 und der Hilfs-Maßeinheit Dezibel (dB). Wenn man in der Akustik von Pegeln spricht, meint man in aller Regel den Schalldruckpegel Lp. Es gibt aber auch noch andere Pegel, z. B. den Schallleistungspegel LW [1], den Beschleunigungspegel L a [2], etc. Die physikalische Bezugsgröße sollte im Zweifelsfall stets als Index neben dem Pegelsymbol erscheinen. In der Akustik sowie in der Schwingungstechnik gibt es aber noch eine ganze Reihe

weiterer Pegel, die in Tabelle 1 zusammen mit ihren Bezugsgrößen aufgelistet sind. Eines sollte aber unbedingt beachtet werden: Die in der Praxis verwendeten Bezugsgrößen für die gleiche physikalische Größe können durchaus unterschiedlich sein! So hängt z. B. die Bezugsgröße für den Schalldruckpegel davon ab, ob man es mit Luftschall oder mit Wasserschall zu tun hat. Der Bezugsschalldruck po für Luftschall beträgt 20 · 10–6 Pa oder gleich 20 µPa; dieser Wert entspricht der maximalen Empfindlichkeit unseres Gehörs im Bereich um 1 kHz. Für Wasserschall dagegen hat dieser Wert verständlicherweise keine Bedeutung. Dort hat man den Bezugsschalldruck po auf einen Wert von 1 µPa festgelegt. Ähnlich verhält es sich mit der Schallschnelle in der Akustik und mit der Schwingschnelle oder Schwinggeschwindigkeit in der Schwingungstechnik. In der Akustik hat man den Bezugswert vo für den Schallschnellepegel, ebenfalls in Anlehnung an die maximale Empfindlichkeit unseres Gehörs bei 1 kHz, auf einen Wert von

BezugsgröSSen (Effektivwerte!) für die Angabe von Pegeln in der Akustik und Schwingungstechnik, s. a. DIN EN ISO 1683 Akustik (Luftschall)

Schwingungstechnik

Schalldruckpegel Lp:

po = 20 · 10–6 [N/m2 = Pa]

Schwingungskraft LF:

Fo = 10–6 [N]

Schallschnellepegel Lv:

vo = 5 · 10–8 [m/s]

Schwingauslenkung Lx:

xo = 10–6 [m]

Schallintensitätspegel LI*): lo = 10–12 [W/m2]

Schwinggeschwindigkeit Lv:

vo = 10–9 [m/s]

Schallleistungspegel LW: Wo = 10–12 [W]

Schwingbeschleunigung La:

ao = 10–6 [m/s2]

Akustik (Wasserschall) Schalldruckpegel Lp:

po = 1 · 10–6 [N/m2] = 1 µ Pa

* lo = po · vo = 20 · 10–6 · 5 · 10–8 = 10–12 [W/m2 ] = 1 [ p W/m2 ] Tabelle 1: Übersicht über die wichtigsten Pegel in der Akustik und Schwingungstechnik, aufgeführt zusammen mit ihren physikalischen Bezugsgrößen 24

5 · 10–8 m/s festgelegt. Das Produkt aus beiden Schwellenwerten po und vo ergibt somit den Bezugswert Io für den Schallintensitätspegel LI, nämlich: Io = po · vo = 20 · 10 –6 · 5 · 10 –8 = 10 –12 W/m² = 1 pW/m²

(1)

Bei einer angenommenen, durchschallten Messfläche von So = 1,0 m² erhält man damit für die Bezugsleistung Wo zur Bildung des Schallleistungspegels LW (siehe Tabelle  1) einen Wert von Wo = Io · S o = 10

–12

· 1,0 = 10

–12

W

(2)

Im Gegensatz zur Akustik hat man in der Schwingungstechnik den Bezugswert vo für die Bildung des mechanischen Schnellepegels Lv auf einen anderen Wert festgelegt, nämlich: 10–9 m/s (siehe Tabelle 1). Eine Verdopplung von Schalldruckwerten, Schnellewerten oder Schwingbeschleunigungswerten äußert sich bei den dazugehörigen Pegeln in einer Zunahme um 6 dB, eine Halbierung der Werte ändert den Pegel entsprechend um –6 dB. Bei leistungsbezogenen Größen dagegen, z. B. bei Schallintensitäten oder Schallleistungen, äußert sich eine Werteverdopplung bzw. -halbierung pegelmäßig in einer Veränderung um +3 dB bzw. –3 dB, was die inzwischen verstorbenen Autoren, Dr. Heinz Hoffmann und Dr. Arndt von Lüpke, 1975 bei der Veröffent­ lichung ihres bekannten Taschenbuches über Lärm­fragen [4] zu dem hübschen Titel „0 dB + 0 dB = 3 dB“ inspiriert hat. Zur Messung von Luftschall verwendet man i. A. Mikrofone, und zur Messung von Schall in Flüssigkeiten [5] verwendet man Hydrofone (= Wasserschallmikrofone), siehe dazu Abbildung 1. Hydrofone werden neben TrockenBau Akustik  ❘  4.2011

a)

b)

a) 1/2-Zoll-Mess-Mikrofonkapsel (Typ 4191, B&K) und b) kleines Hydrofon (Typ 8103, B&K) mit daneben liegendem cm-Maßstab zum besseren Größenvergleich

vielen anderen akustischen Untersuchungen im Wasser z. B. auch zur Ortung von Lecks in kommunalen Wasserleitungen verwendet [6]. Die Empfindlichkeit von Mikrofonen und Hydrofonen, ausgewiesen durch deren elektroakustisches Übertragungsmaß GE GE = 20 · lg TE/TEo,

(3)

wird ebenfalls in dB angegeben, und zwar bezogen auf 1 V/Pa bei Mikrofonen, bzw. auf 1 V/µPa bei Hydrofonen. Wenn die Empfindlichkeit eines Mi­ krofons im Datenblatt mit beispielsweise –38 dB re 1 V/Pa angegeben ist, dann bedeutet das, dass die vom Mikrofon abgegebene elektrische Leerlaufspannung bei einer Beschallung mit 1 Pa 10



– 38 20

= 10 –1,9 = 0,01258 Volt = 12,58 mV

(4)

beträgt. Wenn dagegen die (Spannungs-) Empfindlichkeit eines Hydrofons im Datenblatt mit beispielsweise –218 dB re 1V/µPa angegeben ist, dann bedeutet das, dass die von ihm abgegebene elektrische Leerlaufspannung bei einer Beschallung mit 1µPa (in Wasser!) 10



– 218 20

= 10 –10,9 = 1,259 · 10 –11 Volt = 12,59 µV

(5)

beträgt. Der Zusatz „re“ bei der Empfindlichkeitsangabe bedeutet „relativ“ oder „bezogen auf“ die nachfolgende Maßeinheit. Im Gegensatz zu Mikrofonen und Hydrofonen erfolgt die Empfindlichkeitsangabe bei TrockenBau Akustik  ❘  4.2011

Werkfotos: Firma Brúel & Kiser, Dänemark

Pegel ist nicht gleich Pegel

piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmern [2] im Allgemeinen nicht in Dezibel, sondern direkt in physikalischen Einheiten, nämlich entweder als Spannungsempfindlichkeit in mV/g oder als Ladungsempfindlichkeit in pC/g; C ist darin die Ladung in Coulomb, und g ist die Erdbeschleunigung (= 9,81 m/s²). Beschleunigungsaufnehmer finden vielfältige Anwendung in der Bauakustik, beispielsweise bei der Untersuchung von dröhnenden Estrichen. □

Literatur [1] Veit, I.: Schallintensität und Schall-Leistung. In: Trockenbau-Akustik, Nr. 12, 2009, S. 30–32 [2] Veit, I.: Der Beschleunigungspegel La. In: Trockenbau-Akustik, Nr. 6, 2009, S. 50–52 [3] DIN EN ISO 1683, Akustik – Bevorzugte Bezugswerte für Pegel in der Akustik und ­Schwingungstechnik, 2008 [4] Maue, J. H., Hoffmann, H., von Lüpke, A.: 0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel. Erich Schmidt Verlag, 9. Auflage, Berlin 2009 (1. Auflage: 1975) [5] Veit, I.: Flüssigkeitsschall. Vogel-Verlag Würzburg, 1979 [6] Fuchs, H. V.: Lecküberwachung durch akustische Korrelationsanalyse. Fraunhofer-­Institut für ­Bauphysik, Stuttgart. In: Neue DELIWA-Zeitschrift, Heft 6, 1990

Autor Prof. Dr.-Ing. Ivar Veit ist Akustiker und Sachverständiger mit Büros in Nauheim (Groß Gerau) und Riga (Lettland). An der FH Wiesbaden/Rüsselsheim hat er einen Lehrauftrag für Akustik. E-Mail: [email protected]

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