Zur Histogenese des Somiten beim Hiihnchen - Development

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lichtmikroskopischer Untersuchungen werden die Myotomzellen aus der dorso- medialen Lippe ... man & Nelson (1968), dass Myotomzellen sowohl aus dem Somitocoel als auch aus der dorsalen ..... Johns Hopkins Hosp. Rep. 9, 367-399.
/ . Embryol. exp. Morph. Vol. 36, 3, pp. 669-683, 1976 Printed in Great Britain

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Zur Histogenese des Somiten beim Hiihnchen von P. MESTRES UND K. HINRICHSEN 1 Institut fiir Anatomie, Lehrstuhl I, der Ruhr-Universitdt Bochum

SUMMARY

The histogenesis of somites in the chick The somites of the thoracic region of chick embryos incubated for 2 (stages 13-15) and 3 days (stages 17-19) have been examined cytologically and ultrastructurally. Cell contacts and cell arrangement were studied first in spherical somites. The further development of the spherical somite is characterized by changes in the cell arrangement. According to these changes two somitic cell populations can be distinguished: a ventral one, which during the third day loses its epithelial arrangement and becomes disaggregated, and a dorsal one, the dermatome, which remains epithelial for a longer time. Some cells of the ventral group reaggregate on the apical surface of the dermatome cells, and constitute the myotome. The contacts between dermatome and myotome cells as well as between the myotome cells themselves are decribed. Although the myotome cells appear to be arranged in an epithelial-like order and develop a basement membrane at the sclerotome side, the characteristic contacts and cell polarity of epithelia were not observed. These observations are discussed in relation to the process of cell adhesion and cell communication during the morphogenesis of the secondary mesenchyme. EINFUHRUNG

Die Bildung der Primitivorgane geht mit morphogenetischen Bewegungen einher, bei denen die Zellen ihre Lage, Anordnung und Form andern. Die Fahigkeit embryonaler Zellen, sich aus Zellverbanden zu losen, zu wandern und zu neuen Zellverbanden zu aggregieren, wird wesentlich durch Eigenschaften der Zellmembran und Zelloberflache bestimmt. Dies kommt morphologisch auch in der Bildung spezifischer Zellkontakte zum Ausdruck (Mestres & Hinrichsen, 1975). Schon die Bildung des primaren Mesenchyms und seine Umformung zu sekundarem Mesenchym kann unter Aspekten der Bildung und Losung von Zellkontakten unterschiedlicher Dauer und verschiedener Funktionen gedeutet werden. Dabei zeigen die mesenchymalen Zellen besonders die Fahigkeit, an anderen epithelialen Flachen zu wandern, epithelartige Zellkontakte und dadurch epitheloide Zellverbande zu bilden (Hay, 1968; Balinsky, 1970). Die Histogenese der Somiten bietet dafiir Beispiele. Die Segmentation des paraxialen Mesoblasten zu Somiten geht mit der Ausbildung zahlreicher dunner Fortsatze einher, die zu den benachbarten epithelialen Organen (Neuralrohr, Chorda, Epiblast und Aorta) Kontakt Addresse der Verfasser: Lehrstuhl fiir Anatomie I, Ruhrr Universitat D463 Bochum, Postfach 2148. W. Germany.

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aufnehmen und sich an deren Basal- bzw. Grenzmembranen anheften (Hay, 1968; Slavkin, 1971; Christ, Jacob & Jacob, 1972; Jacob, Christ & Jacob 1974). Die mit der Auflosung der kugelformigen Somiten einsetzende weitere Differenzierung wird unterschiedlich beschrieben und gedeutet. Differente Auffassungen bestehen besonders liber die Herkunft des Myotom: Auf Grund lichtmikroskopischer Untersuchungen werden die Myotomzellen aus der dorsomedialen Lippe des Dermatom abgeleitet (Hamilton 1952; Boyd, 1960), altere Autoren meinten, dass die Myotomzellen aus der ganzen Dorsalwand des Somiten (Dermatom) sich entwickeln (His, 1868; Bardeen, 1900). Aus ihren autoradiographischen lichtmikroskopischen Untersuchungen schliessen Langman & Nelson (1968), dass Myotomzellen sowohl aus dem Somitocoel als auch aus der dorsalen Somitenwand und aus den Umschlagsrandern des Dermatom stammen. Nach den Befunden von Trelstad, Hay & Revel (1967) weden die Sklerotomzellen aus der medialen und der ventralen Wand des kugelformigen Somiten, aber auch aus freien Zellen des Somitocoel gebildet. Hay (1968) hat die epithelio-mesenchymalen Wechselwirkungen wahrend der Somitenentwicklung des Hiihnchens besonders hervorgehoben; sie weist auf die mit der Ausbildung bestimmter Zellkontakte einhergehenden Anderungen der Zellform und -lage innerhalb der Somitenderivate hin. Beobachtungen iiber Kontakte zwischen Dermatom- und Myotomzellen fehlen jedoch. Mesenchymale Zellen, die sich in epitheloider Form anordnen, bilden eine Basalmembran. Schon Dan (1960) sowie Gustafson & Wolpert (1963) haben dieser Basalmembran fiir die Bewegung und Adhaesion der Zellen wichtige Funktionen zugeschrieben. Im folgenden wird auf Grund elektronenmikroskopischer Untersuchungen iiber die Veranderung der Basalmembran wahrend der Somitohistogenese sowie iiber die Zellkontakte innerhalb der Somitenderivate und zwischen den Somitenteilen bei Hiihnerembryonen des 2. und 3. Bebrii tungstages berichtet. MATERIAL UND METHODEN

Hiihnerembryonen am 2. und 3. Bebriitungstag (Stadien 13-15 und 17-19 nach Hamilton & Hamburger, 1951) wurden in Glutaraldehyd ( 3 % in Phosphatpuffer 0,12 M, pH 7,3 mit 0,02 mM-CaCl2) fixiert. Danach wurde der thorakale Bereich herausprapariert und iiber Nacht in Phosphatpuffer 0,12 M mit 8% Glucose gespiilt. Postfixation in Osmiumtetroxid 2 % in Phosphatpuffer 0,12 M mit Glucose 7% fiir 2-3 Std. Auswaschen in NaCl 2,4% in Aqua dest. fur 30Min. Entwasserung in Methanol und Einbettung in Durcupan ACM (Fluka). Ultradiinnschnitte mittels LKB MT-III-Ultramikrotom wurden auf Kupfernetze aufgezogen und mit 1 % Uranylacetat 10 Min. und mit Bleizitrat nach Reynolds (1963) 20 Min. nachkontrastiert. Siemens Elektronenmikroskop IA. Semidunnschnitte, ca. 1 jam dick, wurden bei ca. 90 °C in einer gesattigten wassrigen Natriumborat-Losung mit Methylenblau 1 % und Azur II 1 % gefarbt.

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BEFUNDE

I. Histologie der kugelformigen Somiten In den Wanden des kugelformigen Somiten sind die Zellen nach Art eines hochprismatischen Epithels angeordnet. Der basale Pol der Zellen ist nach aussen gerichtet, mit ihrem nach innen gerichteten apikalen Pol grenzen die Zellen an das Somitocoel. Im Somitocoel selbst finden sich sternformig verzweigte, frei liegende Zellen (Abb. 1A). Die wandstandigen Zellen des Somiten sind in ihrem apikalen Abschnitt durch giirtelartige Zellkontaktkomplexe (Abb IB) untereinander verbunden. Dieser Komplex besteht aus drei Anteilen. Neben desmosomartigen Kontakten mit Verdickung der Zellmembran, einem Interzellularspalt von 7 nm Breite (Abb 1C, inset*) und zahlreichen, an die Zellmembran reichenden Mikrofilamenten, finden sich Kontakte ohne Verdickung der Zellmembran. Sie liegen zwischen den desmosomartigen Kontakten und weisen einen Interzellularspalt unter 5 nm Breite (Abb. 1C, Pfeil) auf. Diese Art von Zellkontakten findet sich auch zwischen den lateralen Zelloberflachen. Wir deuten sie als 'gap junctions'. Daneben ist eine weitere Kontaktform an den lateralen Oberflachen der Somitenzellen ausgebildet. Der Interzellularspalt ist hier ca. 10 nm breit, der Zellmembran liegt innen electronendichtes Material an (Abb. 1C, inset**). Auf Grund der transmissionselektronenmikroskopischen Bilder kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob der Interzellularspalt in diesen Bereichen materialfrei ist. Im apikalen Teil der Zelle, angrenzend an das Somitocoel, haben wir keine andere Zellkontaktform gefunden; insbesondere fehlen die 'tight junctions', die bei Epithelien normalerweise eine Zonula occludens als Bestandteil einer Schlussleiste bilden. Die Zellen der kugelformigen Somiten enthalten im Cytoplasma viele freie Ribosomen, die gleichmassig verteilt sind. Der gut entwickelte GolgiApparat liegt supranuclear, vereinzelte Profile eines wenig entwickelten endoplasmatischen Reticulum sind vorhanden. Die Mitochondrien finden sich im basalen Teil konzentriert. Hier ist die prismaformige Zelle breiter als am apikalen Pol und enthalt mehr Cytoplasma. Mikrotubuli verlaufen in apikalbasaler Richtung; sie sind besonders im perinuklearen Bereich auf Querschnitten zu identifizieren. Am basalen Pol liegt der Zellmembran eine Basalmembran mit einigen Kollagenfibrillen auf ihrer Aussenseite an (Abb 1B). II. Histogenese im spdteren Somiten Die Auflosung der epithelartigen Zellanordnung beginnt im ventrolateralen Teil des Somiten und schreitet nach ventromedial fort. Die apikalen interzellularen Kontaktkomplexe losen sich auf, der Interzellularspalt wird weit und der apikale Zellpol wird zum freien Zellfortsatz, der in das Somitocoel hineinragt. Mit der Bildung weiterer Zellfortsatze wird die Zellform nun verzweigt unregelmassig, die urspriingliche Form wanderungsfahiger Mesenchymzellen ist

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wiederhergestellt. Eine Unterscheidung dieser Zellen, die sich aus der ventralen Wand des Somiten gelost haben, von den vorher bereits frei im Somitocoel liegenden Zellen ist nicht moglich (Abb. 2). An der Auflockerung und Auflosung der ventralen Somitenwand haben die Zellen der dorsalen Wand keinen Anteil, sie behalten ihre urspriingliche epitheliale Anordnung bei (Abb. 2). In der Auflosungsphase besteht der kugelformige Somit voriibergehend aus nur zwei Bereichen unterschiedlicher Zellanordnung: Dem zunachst in epithelialer Anordnung verbleibenden Derematom, und dem zu sekundarem Mesenchym aufgelockerten Sklerotom. In den beiden Gebieten findet lebhafte Zellvermethrung statt, zahlreiche Mitosestadien sind zu beobachten. Zunachsthaben nur wenige Mesenchymzellen mit einzelnen Zellauslaufern Kontakte zur apikalen Seite der Dermatomzellen (Abb. 2). Beginnend an der dorsomedialen Dermatomkante bildet sich in rascher Folge die Zellschicht des Myotom (Abb. 3). Dabei bleibt die Grenze zum Dermatom stets deutlich. Wir haben keine Zellen gefunden, die diese Grenze iiberschreiten, d.h. in beide Zellschichten eingeschlossen sind. Die Zellen des Myotom heften sich mit einzelnen Zellfortsatzen an die Zellen des Dermatom an, ziehen ihre freien Zellfortsatze ein und andern ihre Zellform eindimensional; sie werden zu langen spindelformigen Zellen, deren Langsrichtung senkrecht zur Zellanordnung des Dermatom und parallel zur Achse des Embryo verlauft (Abb. 3 A, B, C). Im Semidunnschnitt unterscheidet sich das Cytoplasma der Myotomzellen farberisch von dem der Dermatomzellen. Jedoch sind im Bereich des Myotom nicht alle Zellen so gleichmassig gefarbt wie im Dermatom. Die diesen Farbungsdifferenzen zu Grunde liegenden Unterschiede in der Differenzierung und Organellenausstattung des Cytoplasma und der Zusammenhang mit der myogenetischen Differenzierung werden in einer nachfolgenden Arbeit besonders beschrieben. III. Ultrastruktur der Dermatom-Myotom-Beziehung Innerhalb des Beobachtungszeitraumes bleiben die cytologischen Verhaltnisse im Dermatom unverandert. Die Dermatomzellen zeigen an ihren apikalen FIGUR 1

Epitheloider, kugelformiger Somit des thorakalen Bereichs nach zwei Bebrutungstagen (Stadium 13). (A) Der Semidunnschnitt zeigt die epithelartige Anordnung der Somitenwand (Sw) und freie Zellen im Somitocoel (Sc). 500:1. (B) Die prismatischen Zellen der Somitenwand sind im basalen Zellteil (b) reich an Mitochondrien, im apikalen Teil (a) herrschen freie Ribosomen vor. Der InterzelluJarspalt ist teilweise zisternenartig erweitert (*). 4800:1. (C) Desmosomenartige Zellkontakte (^- und Inset*) am apikalen Zellpol und 'gap junctions' (-+>•) zwischen Zellen der Somitenwand. 32000:1. Inset*: Starke Vergrosserung eines desmosomenartigen Zellkontakts. 46000:1. Inset**: Kleinflachige Kontaktstellen an der Seitenzelloberflache. 51000:1. 43

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FlGUR 2

Die Bildung des Sklerotom durch Auflosung des epitheloiden Zellverbandes der Somitenwand begirmt im ventromedialen Teil (Thorakaler Bereich, Semidiinnschnitt 1 /im, zwei Bebriitungstage, Stadium 14). 1800:1.

Polen ahnliche Strukturen wie die Zellen des kugelformigen Somiten (vergl. Abb. 1C und Abb. 4A). Neben desmosomartigen Kontakten kommen stellenweise auch * gap junctions' vor. Der Interzellularspalt ist bei den desmosommartigen Kontaktzonen ca. 7 nm, bei den 'gap junctions' unter 5 nm breit. In den iibrigen stellen kann die Weite des Interzellularspalts von 10-12 nm bis zu 1-2 /an variieren.

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FlGUR 3

Bildung des Myotom an der apikalen Seite des Dermatom am 2. (A und B, Stadium 15) und 3. (C, Stadium 17) Bebriitungstag im Semidiinnschnitt. E = Epiblast; N = Neuralrohr. A und B, 1000:1; C, 400:1. 43-2

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Die dermato-myotomalen Kontakte sind vielfaltig. Die Zellen beriihren sich teils flachig bei 10 nm bis 12 nm breitem Interzellularspalt. Daneben bilden sowohl Dermatom- als auch Myotomzellen zahlreiche schmale Zellfortsatze, die mit den Zellen der Nachbarschicht in Kontakt stehen (Abb. 4). Zwischen den schon differenzierten Myotomzellen liegen lamellenartige Fortsatze weniger differenzierter Zellen (Abb. 4B). Eine Basalmembran fehlt in dieser Grenzzone vollig. Auch nach Anlagerung der Myotomzellen behalten die angrenzenden Dermatomzellen ihre polare Differenzierung bei, sie grenzen mit ihren apikalen Zellgrenzen an die Myotomzellen an. Die breiten Beriihrungsflachen werden durch Zellkontakte] unterbrochen, die durch starke Zunahme der Elektronendichte in der Membran, teilweise auch im Interzellularspalt, gekennzeichnet sind. Eine Verdichtung des angrenzenden Cytoplasma fehlt, Einstrahlung von Mikrofilamenten oder Haufung von Mikrotubuli wurden nicht gefunden. Typische 'gap junctions', wie zwischen den Dermatomzellen beschrieben, fehlen im dermato-myotomalen Kontaktbereich. Zwischen den Myotomzellen selbst fanden wir keine spezialisierten Zellkontakte. Die Myotomzellen grenzen mit streng parallel verlaufenden Membranen im Abstand von ca. 12 nm aneinander. Punktformige oder flachige Kontakte mit Membranverdichtungen und Anlagerung von Mikrofilamenten fehlen vollig. Auch kommen keine komplexartigen Kontakte, wie bei den Dermatomzellen oben beschrieben, vor. Die polare Differenzierung der Myotomzellen ist ganz anders als die im Dermatom. Wahrend die Dermatomzellen im Somitenquerschnitt eine hochprismatische Zellform zeigen, sind die Myotomzellen (bei dieser Schnittrichtungquergeschnitten)zylindrisch oder polyedrisch. Dazwischen sind lamellare Zellauslaufer zu finden (Abb. 4A, B). Auf Grund dieser Charakteristika lassen sich am Umschlagsrand des Dermatom dessen Zellen von denen des Myotom deutlich unterscheiden. Die speziellen Kontakte am apikalen Pol der Dermatomzellen fehlen zwischen der letzten Zelle des Dermatom und der ersten Zelle des Myotom, auch die 'gap junctions', die zwischen den Dermatomzellen im Apikalbereich haufig vorhanden waren, fehlen zwischen Dermatom- und Myotomzellen (Abb. 4B). Die Grenze zwischen den radiar eingestellten Dermatomzellen und den longitudinal verlaufenden, hier quergeschnittenen Mytomzellen ist scharf. Die unveranderte polare Difnerenzierung der Dermatomzellen wahrend der Zeit der Myotombildung wurde oben mehrfach betont. So bleibt auch die dem

FIGUR 4

(A) Zellkontakte zwischen Myotom- und Dermatomzellen im mittleren Bereich des Somiten. 18000:1. (B) Medialer Umschlagsrand des Somiten. Lamellare Zellfortsatze (F) zwischen schon differenzierten Myotomzellen (M). 14400:1. (C) Kleinflachige Kontaktstellen zwischen Dermatomzellen (siehe auch Inset ** Figur I). 51000:1

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(A) Basalmembran an der Aussenseite des Dermatom (Z)) mit angelagerten Kollagenfibrillen(^). 25000:1. (B) Das Myotom (M) grenzt sich gegen den SkJerotombereich mit einer Balsalmembran ab. 40000:1.

Dermatom eigene, an seiner Basalseite, dem Epiblast zugewandt liegende Basalmembran unverandert erhalten (Abb. 5 A). Sie bietet mit einer hellen strukturarmen Zone an der Zelloberflache der Dermatomzellen, an die erne elektronendichte Aussenzone anschliesst, das typische Bild. Zahlreiche Kollagenfibrillen sind der Aussenzone angelagert. Die Basalmembran, die nicht mit der des Epiblast identisch ist, wird vereinzelt durch basale, nach aussen gerichtete Fortsatze der Dermatomzellen unterbrochen, ohne dass die Basalmembran sich auf diese Zellauslaufer fortsetzt. Im Auflockerungsgebiet des Somiten am Dermatom-Umschlagsrand streben die Zellen mit ihren basalen Zellteilen weit auseinander, wahrend sie apikal noch verbunden sind. Hier verliert die Basalmembran ihre Kontinuitat. Wahrend

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FlGUR 6

Schematische Zusammenfassung der Umdifferenzierung des kugelformigen Somiten in Dermatom, Myotom und Sklerotom.

einzeinen Zellen noch Mernbranateile anhagen, sind andere und die zahlreichen Zellauslaufer basalmembranfrei. Im dermato-myotomalen Kontaktbereich fehlt eine Basalmembran. Hingegen bildet sich zwischen Myotom und Sklerotom eine neue Basalmembran aus (Abb. 5B). Sie hat die gleiche Dicke wie am Dermatom und weist den typischen Schichtenbau auf. Kollagenfibrillen wurden in dieser Phase der Myotombildung nicht beobachtet. D1SKUSSION

Die Umwandlung zu sekundarem Mesenchym erfolgt in den Abschnitten des Somiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Daraus ergibt sich mit der Auflosung epithelartiger Zellverbande zunachst eine Unterscheidung in Dermatom- und Skerotomanteile. Die Dermatomanteile, die in engem Kontakt zum Ektoblast bleiben, bewahren ihre epitheloide Anordnung am langsten. Sie sind trotz erheblicher Zellvermehrung und zunehmender raumlicher Ausdehnung weder nach Art der Zellanordnung noch nach Art und Verteilung der interzellularen Kontakte von friihen Somiten zu unterscheiden. Im friihen Somiten

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haben auch die spater zum Sklerotom gehorenden Zellformationen zunachst engen Kontakt zur ausseren Oberflache benachbarter Organe (Neuralrohr, Chorda, Aorta). Insbesondere die experimentellen Untersuchungen von Christ et al. (1972) haben erwiesen, dass diesem Kontakt eine erhebliche Bedeutung fur die Segmentierung des primaren Mesenchym zukommt. Die Aggregation mesenchymaler Zellen zu epithelartigen Yerbanden an der Oberflache benachbarter Organe ist der Uberfiihrung eines dreidimensionalen in ein zweidimensionales Zellsystem, wie Revel, Hoch & Ho (1974) fiir die Aggregation in Zellkulturenbeschrieben haben, sehrahnlich. In vivound in vitro geht die Zell aggregation mit der Ausbildung spezifischer Zellkontakte einher. Trelstad et ah (1967) sowie Hay (1968) beschrieben die TJltrastruktur der Zellkontakte in friihen Somiten und fanden u.a Schlussleisten an den Zellgrenzen zum Somitocoel. Nach unseren Befunden fehlt den an das Somitocoel angrenzenden Zellen fiir die voile Ausbildung einer Schlussleiste jedoch die Zonula occludens. Das Somitocoel kann daher nicht als ein abgegrenzter, abgeschlossener Flu ssigkeitsraum betrachtet werden. Vielmehr steht das Somitocoel mit den Interzellularspalten der wandbildenden Zellschichten in Kontinuitat. Uber die Befunde der zuvor genannten Autoren hinausgehend, fanden wir innerhalb der giirtelformigen Zellkomplexe auch 'gap junctions'. Diese spezielle Kontaktform mit einem Interzellularspalt unter 5 nm wird als Ort verminderten elektrischen Widerstandes und vermehrten Ionenaustausches gedeutet (Furshpan & Potter 1968; Ito & Loewenstein 1969). Nach den Befunden von Loewenstein (1973) und Bennett (1973) ist an den 'gap junctions' sogar ein Molekiilaustausch bis zu einem Molekulargewicht von 1800 moglich. Dies legt den Gedanken nahe, dass die grosse Zahl an 'gap junctions' zwischen den Zellen des kugelformigen Somiten in engem Zusammenhang mit der Isomorphie dieser Zellen steht. Weniger gut zu deuten sind die eher punktformigen kleinen Zellkontakte, die wir ausserhalb des apikalen Bereichs an den lateralen Flachen der Somitenzellen gefunden haben (Abb. 1C, inset). Durch den physiologischen Vorgang einer Desaggregation wird der grossere Teil des kugelformigen Somiten in die Anlage des Sklerotoms iiberfiihrt. Diese Zellen losen die fiir epithelartige Zellkomplexe typischen Kontakte und verbleiben bis zur Bildung der definitiven Skeletblasteme und der peripheren Muskelanlagen als sekundares Mesenchym isoliert. Nur an der apikalen, urspriinglich an das Somitocoel grenzenden Oberflache der Dermatomzellen, kommt es zur Neuaggregation eines eigenen Zellverbandes, des Myotoms. Seine Zellen sind morphologisch durch ihre Ausrichtung senkrecht zur Langsachse der Dermatomzellen ausgezeichnet. Sie grenzen also mit ihren Lateralflachen an die Apikalflachen der Dermatomzellen. Eine Basalmembran fehlt in diesem Zwischenbereich, Myotom-und Dermatomzellen stehen unmittelbar miteinander in Beriihrung. An diesen Beriihrungsstellen finden wir besondere Formen zellularen Kontaktes. Die breite Kontaktflache der ersten Myotomzellen zu den Dermatomzellen ist durch einen besonders engen Interzellularspalt und

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sireng parallelen Verlauf der Zellmembran gekennzeichnet. Folgt man der Interpretation von Staehelin (1974). ware dieser gesamte Bereich als ein grossflachiger Zellkontakt zu deuten. Die anderen elektronendichten Kontaktstellen innerhalb dieser Beruhrungsflachen ahneln sehr stark jenen als voriibergehenden Haftstellen gedeuteten Veranderungen der Zelloberflache, die Revel et al. (1974) bei der Wanderung von Zellen auf nichtzellularen Oberflachen beobachteten. Streng parallelen Verlauf der Zellmembran finden wir auch in den Beruhrungsflachen zwischen den Myotomzellen. Uber eine spezielle Funktion solcher besonders enger ausgedehnter Beruhrungsflachen gibt es noch keine Vorstellung. Die enge Anlagerung der Myotomzellen an die Oberflache des Dermatom und die besondere Ausgestaltung der unmittelbaren Kontaktflachen erlauben die Hypothese aufzustellen, dass die Myotomzellen sich auf der Oberflache des Dermatom aktiv verlangern. In diesem Sinne spricht auch das Fehlen von Mikrotubuli in den Myotomzellen; sie sind vielmehr durch langsverlaufende Mikrofllamente ausgezeichnet. Nach der Interpretation von Gibbings, Tilney & Porter (1969) sowie Fristrom & Fristrom (1975) werden Mikrotubuli erst dann ausgebildet, wenn wahrend der Morphogenese eines besonderen Zelltyps die definitive Zellform erreicht ist und nun stabilisiert werden soil. Die Mikrofilamente werden jedoch eher mit der Zellbewegung in Beziehung gebracht (Ishikawa, Bischoff & Holtzer 1968; Lazarides, 1975). Die Zellen des Myotom zeigen zu dieser Zeit der Entwicklung ein polymorphes Bild. Dies kann auf den unterschiedlichen Differenzierungsgrad zuriickgefuhrt werden, den die einzelnen Myotomzellen erreicht haben. Damit stimmt uberein, dass in dieser friihen Phase der Myotomentstehung zwischen den Myotomzellen keine' gap junctions' gefunden werden. Zu ahnlichen Ergebnissen kommen Keeter & Pappas (1973) sowie Hayes (1975) in ihren Untersuchungen iiber die friihe Myogenese bei Amphibien. Obwohl eine Basalmembran zwischen den Dermatomzellen und den Myotomzellen vollstandig fehlt, bleiben beide Bereiche scharf gegeneinander abgegrenzt. Die deutliche Grenzziehung wird noch durch die unterschiedliche Ausrichtung der Zellen im Dermaton und Myotom betont. Mit Ausnahme zarter Zellauslaufer haben wir keine Zellen gefunden, die die Grenze zwischen Dermaton und Myotom iiberschreiten. Diese morphologischen Befunde lassen eine Deutung im Sinne von Langman & Nelson (1968) kaum zu, wonach nicht nur an den Umschlagsrandern durch Desaggregation, sondern auch aus dem Zellverband des Dermatom selbst einzelne Zellen die Grenze zum Myotom iiberschreiten und dort in eine neue Differenzierung uberfuhrt werden sollen. In Ubereinstimmung mit der Auffassung anderer Autoren folgern wir daher, dass die Zellen des Myotom auf dem Wege der Desaggregation und Neuaggregation aus dem Anlagebereich des Sklerotom an die Oberflache des Dermatom heranwandern und sich hier zu einem neuen Zellkomplex formieren (Schema, Abb. 6). Die Zuwanderung von Zellen aus dem Sklerotombereich in das Anlagegebiet des Myotom endet mit der Ausbildung einer Basalmembran auf der Sklerotom-

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seite des Myotom. Diese Basalmembran zwischen Myotora und Sklerotom verdient besondere Beachtung. Die Basalmembran ist an der Schichtgrenze des Myotom, nicht an der Oberflache der einzelnen Myotomzellen angeordnet. Sie kann schon aus diesem Grunde nicht mit der basalmembranahnlichen Struktur gleichgesetzt werde, mit der sich voll ausdifferenzierte Muskelzellen je einzeln gegen ihre Umgebung abgrenzen. Die Myotomzellen sind nach Zellform und Anordnung beim Fehlen von Zellkontakten kein epithelahnlicher Zellverband. Sie weisen keine Polarisierung nach basal und apikal auf. Die Basalmembran liegt an der Seitenflache und nicht an der Basis dieses Komplexes. Auch auf der Sklerotomseite der Basalmembran ist keine epithelahnliche Anordnung der Sklerotomzellen zu beobachten. Basalmembrane werden als Grenzschichten zwischen Zellarealen unterschiedlicher Differenzierungen gedeutet, die nach den Vorstellungen von Dan (1960) und Gustafson & Wolpert (1963) nach ihrer Bildung fur angrenzende Zellen als Leitstruktur zur Formanderung dienen kann. Mit der Erreichung eines gewissen Differenzierungsgrades grenzt sich das Myotom gegen das Sklerotom durch diese Basalmembran ab.

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ISHIKAWA,

(Manuskript. erhalten am 7. Juni 1976)